Filmvorführung
Bernhard Sallmann „Zoo, oder Briefe nicht über die Liebe“, 2006
Der sowjetische Autor Viktor Sklovskij emmigriert 1922 nach Berlin und verfasst dort das Buch "Zoo, oder Briefe nicht über die Liebe". An einem asymmetrischen, in Briefform kommunizierten Liebesverhältnis erwächst im "Zoo" Stadtwahrnehmung, Reflexionen über das Fremdsein in Berlin und kulturelle sowie soziologische Mikroanalysen.
Sallmann gibt Sklovskijs Text in seinem dokumentarischen Filmessay diverse in Berlin lebende russische Stimmen, die Stellen aus dem Briefwechsel vortragen. Visuell prallt dabei der vorgetragene Text auf verkleinerte, schon fast spaltenhafte Bilder, die in ihrer Komposition Teilungen, Spiegelungen und konvergierende Strukturen aufweisen. Quentin Meillassoux schreibt in "Nach der Endlichkeit" "Die Vergangenheit ist nicht vorhersehbar" und dieses Moment scheint auch Sallmann vor Augen zu haben wenn er die Beschreibungen und Wahrnehmungen des Berlins der 20er mit Szenen des Berlins von heute kreuzt und damit das Faktische des Vergangenen unterläuft. Sallmann löst mit diesem Film ein spekulatives Deja Vue aus, welches aus retroformalistischer Perspektive nicht die bloße Aktualisierung des Archivs verfolgt, sondern die Verfremdung der Gegenwart.